13.06.2010 - Karakorum

Ulaanbaatar - Lün - Erdenesant - Mongol - Kharkhorin 393 km
 
Früh morgens bekomme ich, notorischer Langschläfer, einen ersten Eindruck, was Hendrik meinte, als er mir vor der Tour ankündigte, dass es bei Bretl-Tours zeitig losgeht - Wecken durch Reiseleiter Torsten um 6:30 Uhr. Bretl hat bereits mit Hilfe der Ressourcen des Oasis ein prima Frühstück hingezaubert – meine frühmorgentliche Katerstimmung schlägt in Wohlgefühl um.

Nach ausgiebigem Frühstück und weiterem Gespräch mit Sybille starteten wir um 8:30 Uhr. Zur Eingewöhnung ist heute eine Tour bis zur 80 km Langen Düne von Khogno Tarna geplant – voraussichtlich 300 km Asphalt. Am Anfang steht aber eine erneute Stadtdurchfahrt, die wir in einer reichlichen Stunde meistern.

Endlich keine stinkenden Abgase und keine irren, motorradignorierenden Idioten mehr Aus den Verkehrsregeln werde ich nicht schlau. Rote Ampeln werden beachtet oder auch nicht – nach welchen Regeln entzieht sich meiner Kenntnis. Motorradfahrer sind Freiwild und da es diese seltene Spezies hier praktisch nicht gibt muss man immer aufpassen, dass man nicht einem Hobbyjäger zum Opfer fällt.

Thema Abgase – letzter Eindruck an der Ausfallstrasse. Ein großer brennender Reifenstapel oder noch was schlimmeres? – Irrtum, eine ganz normale Diesellok im Normalbetrieb. Auch bei den Lkws bin ich mir nicht sicher, ob diese immer mit Diesel betrieben werden oder mit ungereinigtem Schweröl oder anderen Abfallstoffen aus der Chemieindustrie.

Außerhalb von Ulaanbataar ein anders Bild. Viele sind offensichtlich begeistert und grüßen freundlich, auch wenn das oft mit erschreckendem Hupen verbunden ist.

Die gewählte Hauptstrasse ist überraschend gut – hätten wir so nicht erwartet

Trotzdem muss man ständig aufpassen. Scheinbar glatte Asphahltstrassen können abrupt Schlaglöcher enthalten oder unvermittelt in Baustellen übergehen und mit Tieren auf der Straße muss man immer rechnen. Von der Ziege bis zur Kuh ist alles dabei, natürlich auch viele Pferde, zu dieser Jahreszeit oft mit niedlichem Fohlen.  Leider oft auch Tiere mit Geier auf dem Rücken. Es muss ein sehr strenger Winter gewesen sein, mit bis zu 50° Minus.

In einer Jurte am Straßenrand machen wir erste Erfahrungen mit der hiesigen Küche. Die Mongolen nutzen ihre Jurten oft auch zum Geld verdienen. Zu erkennen daran, dass irgendwann nach dem Aufstehen oben an der Jurte ein großes Schild befestigt wird, dem wohl zu entnehmen ist, welche Dienstleistung hier tagsüber angeboten wird. In der Regel ist das Imbiss und Lebensmittelverkauf.

Hendrik und ich beschließen in einem der Gers die hiesige Küche zu testen. Torsten ist auf Diät und macht Fotos. Die Kinder im Ger amüsieren sich über uns offensichtlich köstlich. Es gibt Nudeln mit Fleisch, ich vermute Hammel und hiesigen Tee mit vermutlich Stutenmilch. Aus meiner Sicht nach kurzer Gewöhnung ganz gut. Die Nudeln schmecken so ähnlich wie bei uns mit Hühnerfrikassee. Vom Tee nehme ich eine weitere Schale, da er eine offensichtlich belebende Wirkung zeigt. Die freundliche Mongolin verlangt für alles umgerechnet ca. 3 €.

Inzwischen haben sich am Straßenrand ein Schweizer Paar mit ihrem Eigenbau-Camper eingefunden. Sie haben so schon die halbe Welt bereist.

Oberhalb eines schönen Ger-Camps (wir haben es nicht getestet) stoppen wir abseits der Straße zwischen Felsen um uns Kaffee zu kochen und etwas auszuruhen.

Dann erreichen wir die Düne, unser eigentliches Ziel für heute.

Das Angebot der freundlichen Mongolen am Straßenrand mal ein anderes, tierisches Gefährt zu testen, wird von Hendrik und Bretl danken angenommen. Aber so richtiges Vertrauen haben sie wohl nicht gehabt, den warum sonst reitet man in glühender Sonne sonst ein Kamel mit voller Motorradsicherheitskleidung und Helm. . Ich wollte dem nicht nachstehen und stieg dann doch noch auf ein Kamel auf, aber nicht ohne mich allem zu entledigen, was mich dem Hitzschlag näherbringt.

Bretls anschließender "Wüstenausflug" endet im Desaster. Im Sand steckengeblieben hat er nur "mit knapper Müh und Not überlebt".  Aber Hilfe naht in Form eines Jungen der im gestreckten Kamelgalopp auf uns zuhält. Nachdem er seine Neugier befriedigt hat, ist er genauso schnell verschwunden, wie er auftauchte.

Wir entschließen uns weiterzufahren um unserem Ziel für den nächsten Tag, Karakorum, näher zu kommen, was wir dann auch schon heute erreichen. Unterwegs besichtigen wir verschiedene kleinere Sehenswürdigkeiten. An einem Ovoo-Steinhaufen erfüllen wir das hier übliche Ritual 3 oder 1-mal im Uhrzeigersinn herumzulaufen und einen Stein auf den Haufen zu werfen. Damit bitten wir um Glück und eine sichere Reise.

Am Eingang zum Nationalpark müssen wir pro Person 500 Tugrik Eintritt bezahlt. (entspricht  ca. 30 Cent).

Wir beschließen in der Nähe der nächsten Ortschaft uns einen Platz für die Übernachtung zu suchen und zuvor noch einzukaufen.

Bei der Vorbereitung der Tour schien Bretl sich bei der Recherche nach den Bezeichnungen für Lebensmittelläden wohl im falschen Wörterbuch informiert zu haben. Jedenfalls brachten mehrere Hausbesuche nicht den erwünschten Erfolg. Um Einheimische kennenzulernen, die mehr wissen, legte er spektakulär seine Maschine in den Straßensand. Da wir weit weg waren halfen im freundliche Anwohner beim Aufrichten. Bretl war ganz froh, dass wir nicht in der Nähe waren, so fehlt uns das Beweisfoto. Hier wussten wir noch nicht, dass das Aufheben unserer Motorräder für Hendrik und mich in den nächsten Tagen zur Standardübung werden sollte, wobei uns Torsten oft half, nicht ohne zuvor grinsend ein paar Fotos zu schießen.

Hendrik und ich fanden inzwischen einen Laden intuitiv auf Anhieb.

Bei der anschließenden Suche nach dem für uns geeigneten Übernachtungsplatz fuhren wir nach dem ersten Fehlschlag zurück zum Laden, da uns die dort beginnende Ausfallstraße in die von uns gewünscht Richtung aufgefallen war. Der Straßenzustand im Zentrum des Ortes war nach den vorhergehenden Regenfällen noch nicht wieder im uneingeschränkt befahrbaren Zustand.  Die kleinen Pfützen erwiesen sich als etwas tiefer als gedacht. Bretl nahm die Hürde noch souverän. Nachdem ich aber nicht glauben wollte wie tief sich das Wasserloch bei der gerade so gemeisterten Durchfahrt von Hendrik wirklich erwies, lies ich mich dazu hinreisen mitten im Wasserloch "anzuhalten" um die "wirkliche Tiefe auszuloten". Dabei kam ich nicht umhin die Maschine hinzulegen. Ordentlich tief - jedenfalls stak ich beim Aufheben (mit Unterstützung von Hendrik) bis zu den Knien im feinsandigen Schlamm.  Den einheimischen Zuschauern war ihre Verwunderung über das, was wir dort trieben deutliche anzusehen. Wir konnten noch beobachten, dass sie das Hindernis nur mit Kleinlastwagen und das sehr vorsichtig angingen. Dass wir ausgerechnet die einzige von mehreren Dorfstrassen mit eine solchen Hindernis gewählt hatten, sahen wir erst später als wir aus den Bergen auf das Dorf zurückschauen konnten.

Ab da ging heute nichts mehr schief. Der schöne Platz am Fluss, den Bretl fand, rechtfertigte die Stürze im Ort und die längere Geländefahrt.

In der wolkenlosen Nacht sahen wir zum ersten Mal den beeindruckenden Sternenhimmel den man hier ohne störende Lichtquellen oft bewundern kann.