17.06.2010 - Murun

entlang am Fluss nach Dzagasata Dugan - Murun - See 203 km
 
Wir rasten am See Zwischen Murun und Khovsgol-See an einem schönen Sommerabend. Die Motorräder stehen am Sandstrand, die Luft ist noch warm. Nach einem ausgiebigen Abendbrot sitzen wir am Feuer und schauen auf einen anstrengenden Tag zurück.

Dabei ging alles ganz normal los. Bretl machte Frühstück, Hendrik schnarchte noch und ich machte gar nichts. Die Nacht war warm – über 10°. Wir starteten gegen 9:00 Uhr. Ziel war der Khovsgol-See. Wir schätzten die Entfernung auf ca. 200 km. Der Tag versprach sehr heiß zu werden. Um 9 waren schon 20°.

Beim Zeltabbau starker Wind. Dabei ging Hendriks Zelt zu Bruch. 1 Zeltstangensegment brach und schlitzte das Außenzelt ca. 1 m lang auf.

Über Nebenwege fuhren wir zur Hauptstrasse. Der Übergang war wie immer unmerklich. Einziger Unterschied - das Navi war jetzt der Meinung, dass wir uns auf der Straße befinden.

Auf der Passhöhe des nächsten Gebirgskammes vollbringen wir unser inzwischen tägliches Ritual am Ovoo. 1 Mal im Urzeigersinn um das Heiligtum und einen Stein ablegen. Die Stelle schien ein Paradies für Erdhörnchen zu sein. Frech und neugierig wuselten sie überall herum. Der Ausblick auf das grüne und am Flussufer bewaldete Tal war überwältigend.

Unten im Tal angekommen erwies sich das Flussufer als herrlicher Rastplatz im Schatten vieler Bäume. Da schon halb 12 und die Temperatur inzwischen bei 30°, schlug ich vor, hier eine Pause zu machen. Tosten meinte aber, dass dafür keine Zeit sei, es wäre noch ein weiter Weg.

Ausnahmsweise richteten wir uns nach meinem Navi mit freien OSM-Karten. Nun zeigte sich wieder mal der Widerspruch von Karte und Realität. 28km vor Murun wies uns Bretl auf die wesentlich kürzere Strecket hin, die seine Karte und sein Navi anzeigte. Im Nachhinein denke ich, dass hier unser Reiseleiter zur Aufmunterung ein spezielles Geländefahrtraining für uns eingeplant hatte, um keine lange Weile aufkommen zu lassen. Zur Tarnung gab er an, nach der (nicht vorhandenen) Brücke für die Abkürzung suchen zu wollen. Bis wir dann die restlichen 28 km vom ereichten Punkt aus endlich zurücklegen konnten vergingen gut 2 Stunden. Als Ausgangsbasis für die Trainingsfahrt wurde der 4km zurückliegende Ort Dugan gewählt. Hier sollte laut Bretls Karten sich die ominöse Brücke befinden. Keiner der hier danach gefragten Einheimischen kennt die Brücke. Wohl ahnend, dass wir es brauchen könnten, wurde Wasser gekauft. Dabei hatten wir wieder eine Reihe interessanter Begegnungen. Neugierige freundliche Leute, die kopfschüttelnd versuchen unsere Karte zu lesen und dabei Mühe hatten ihren eigenen Ort zu finden, eine urige Omi mit alten DDR-Kontakten und ein paar Brocken Deutsch und ein junger freundlicher Polizist der sich freute endlich mal eine Passkontrolle durchführen zu können. Er war übrigens auch der Meinung, dass wir nur über Murun zum Khovsgol-See gelangen können. Aus einem nahe gelegenen Gebäude drang schöne Musik an unsere Ohren, was Hendrik und mich neugierig machte der Sache auf den Grund zu gehen. In einem kühlen Theatersaal bot sich uns ein ungeahnter Kunstgenuss. Offensichtlich bei einer Probe, singt eine junge Mongolin auf der Bühne ein herzerreisendes, wunderschönes Lied. Von der unwirklichen Situation übermannt, setzen wir uns in den Zuschauerraum und genießen die Darbietung.

Inzwischen ist die Temperatur auf den für mich nicht erträgliche Werte von weit über 30° gestiegen. Eine Pause im Schatten wäre mir angenehm. Aber erst muss die Brücke gefunden werden – Bretl meint wohl: "das anstehende Geländetraining absolviert werden". Dafür wird keine Mühe gescheut. Das Terrain ist gut gewählt und entpuppt sich als sumpfiges Überschwemmungsgebiet des Flusses mit schönen hohen Grashügeln. Es hätte uns eigentlich auffallen müssen, dass nicht wie sonst in Sichtweite einer Stadt (Murun), alle möglichen Wege auf die Stadt zulaufen, sondern nur ein Weg um dieses Gebiet herumführt. Wenigstens hat Bretl die Böcke durch die erste Sumpfbarriere selbst gefahren. Da er mit seiner Größe den besseren Ausblick hatte, waren wir der Meinung, dass er dahinter wohl einen fahrbaren Weg oder zumindest Reste davon gesichtet hatte. Weit gefehlt. Nach einiger Zeit lagen die Motorräder wild verstreut im Sumpf bzw. standen, mit dem Hinterrad gut eingewühlt auch ohne Seitenständer. Das Herauswühlen hat wohl dieses Mal auch Bretl kurzzeitig an seine Grenzen gebracht. Die Grenze war bei mir in brütender Sonne eh erreicht. Außentemperatur inzwischen ca. 35°, gefühlte Temperatur in meinem Anzug – kurz vor dem Garpunkt – gekocht habe ich sowieso. Nach beendetem Geländetraining (keine Ahnung wie wir da wieder rausgekommen sind) und Weiterfahrt sah ich bei der Hitze nur noch bunte Kringel. Als dann mein Motorrad beim Halt zum Ausweichen noch krachend umkippte, weil ich mit meinen wackligen Beinen sie nicht mehr halten konnte, formuliert ich die Anfrage nach einer Pause anders und lauter. Zuvor flog mein Helm krachend in die Natur. Zum Aufheben der Maschine war ich eh nicht mehr in der Lage. Zum Glück haben sich darum Hendrik, Bretl und ein freundlicher Mongole gekümmert. Wahrgenommen habe ich das nicht mehr.

Ich war so fertig, dass ich nur die schattigen Bäume auf einer Insel im Fluss wahrnahm und nicht die wenige Meter entfernte sandige Badestelle. Sumpf und Fluss bildeten kein Hindernis einfach durch, Alles vom Leib gerissen und ins kalte Flusswasser gelegt bis die Temperatur wieder im normalen Bereich und ich wieder klar war. Jetzt kann´s weitergehen.

In Murun haben wir uns auf Grund eines aufziehenden Gewittersturms nicht lange aufgehalten – nur Einkaufen für heute Abend – und weiter um dem Gewitter zu entkommen -ist uns nicht ganz gelungen. Es begann mit einem Sandsturm bei dem an ein Weiterfahren nicht zu denken war. Erst als der einsetzende Regen den Staub gebunden hatte, konnten wir weiter vor dem Unwetter flüchten.  Der Boden war so trocken, dass er das Wasser gar nicht aufnahm und es abfloss, so dass die Wege weiterhin gut befahrbar blieben, abgesehen von den Wegen, die sich schnell in Bäche verwandelten. Aber die Auswahl war groß. Nach einigen Kilometern hörte der Regen auf und die Sonne kam wieder hervor. Jetzt bei angenehmen 25°.

Khovsgol konnten wir heute nicht mehr erreichen. Wir wählten als Übernachtungsplatz das Sandufer eines größeren Sees auf halbem Weg zwischen Murun und Khovsgol. Es war eine sehr schöne Stelle. Nach einem ausgiebigen Bad im See haben wir das wenige vorhandene Holz in dieser baumlosen Gegend zusammengesucht und reichlich Essen gekocht. Ein Essen nach dem Anderen. Ich war so ausgehungert, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte. Normalerweise hätte das für mindestens 6 Leute gereicht. Über die Hälfte von allem habe ich gegessen.

Interessant waren die vielen großen Granitfelsen in Ufernähe, die in der Vergangenheit offensichtlich nach Bedarf verarbeitet und abtransportiert wurden.