20.06.2010 - UB Oasis

Hutag - Bulgan - Orkhon - Bayankhangei - Ulaanbaatar Oasis 503 km
 
Heute soll es zurückgehen nach Ulanbataar. Reiseleiter Torsten hat es so zwar nicht gesagt, aber die Bemerkung, "heute wird ein harter Tag" sagt mir alles. Als ob die vorhergehenden die reine Kaffeefahrt gewesen wären.

Nach kurzer Aufwärmphase komme ich inzwischen in dem Gelände ganz gut zurecht. Um die Strecke zu schaffen mussten wir auch recht schnell fahren.

Nach den zahlreichen Begegnungen mit anderen Fahrzeugen, habe ich inzwischen den Eindruck gewonnen, dass es hier eine ungeschriebene Rangordnung unter den motorisierten Verkehrsteilnehmern gibt. Unterste Stufe der Hierarchie bilden eindeutig die Motorradfahrer, hier meist mit 150er aus chinesischer Produktion, oft gern bereit sich mit uns aus Spaß ein Rennen zu liefern. Die Lkw-Fahrer, sich langsam über die vielen Hindernisse quälend, haben für uns und andere noch das meiste Verständnis und sind meist rücksichtvoll und verhalten sich so, dass wir ungehindert fahren können. Unberechenbar die Kleintransporterfahrer der 3. Hierarchiestufe, meist Sammeltaxis. Die einen rücksichtsvoll und fröhlich grüßend - waren wohl vor kurzem noch Lkw-Fahrer – nötigen die anderen uns im Gegenverkehr oft zum Anhalten, lassen sich aber ohne Gegenwehr überholen. Nach dem Erlebnis mit dem stark betrunkenen Fahrer Tage zuvor, habe ich aber wenig Vertrauen in ihre Zurechnungsfähigkeit. Pkw-Fahrer fühlen sich wohl kurz vor dem Erreichen der obersten Stufe und testen oft, wie es den wäre endlich ganz oben angekommen zu sein. Die Spitze stellen die Geländewagenfahrer dar, darunter die Besitzer von Luxus-Geländewagen - die kleinen Könige. Einem Motorradfahrer entgegenkommend, nehmen sie in 9 von 10 Fällen bei mehreren zur Verfügung stehenden Fahrspuren ausgerechnet die, auf dem sie ihre bevorzugte Jagdbeute, nämlich uns, am schnellsten erreichen können. Es bleibt einem dann nichts anderes übrig, als die Fahrspur zu verlassen, da weder ausgewichen noch gebremst wird. Im Gegenteil, viele geben bei der Gelegenheit noch kräftig Gas um auch akustisch deutlich zu machen wer da kommt. Vor einem herfahrend sind sie meist friedlich, so lange man ihre beeindruckenden Staubfahnen frisst. Aber wehe man setzt zum Überholen an. Dann ist jedes noch so riskante Manöver recht den Aufmüpfigen in seine Schranken zu weisen. Einmal kam es sogar vor, dass bevor der 3. von uns überholen konnte, der Fahrer seinen Grand-Cherokee an enger Stelle abrupt quer stellte. Dass Hendrik beinahe in ihn hinein gefahren wäre interessiert ihn nicht. Viel wichtiger war ihm, zu erfahren welche Maschinen ihm hier den Rang streitig machten.

Besonders hartnäckig erwies sich ein Jeep–Fahrer der die wenigen kurzen Pausen von uns nutze um wieder aufzuholen. An unserem nicht mehr ganz frischen Aussehen bei Ankunft im Oasis war er maßgeblich mit beteiligt. Dass er sein Auto bei den halsbrecherischen Manövern nicht verschrottet hat, spricht für sein fahrerisches Können.

Kurzer Stopp und Pause bei Treffen auf Gerome aus Frankreich. 29 Jahr jung und offensichtlich noch verrückter als wir. Unterwegs allein von Ulaanbataar zum Khovsgol-See (über 700 km) täglich 50 km mit Fahrrad und kompletten Gepäck. Und das bei heute bis zu 40° und gnadenloser Sonne ohne eine Wolke.

Die Ortsdurchfahrt von Ulaanbataar sollte uns wohl den Abschied von der Mongolei leicht machen. Wie schon vor einer Woche, Dreck, Abgase, Verkehrschaos und unberechenbare Kamikaze-Autofahrer, die nicht davor zurückschreckten zu versuchen, Hendrik mit ihrem Stoßfänger aus dem Weg zu schieben, nur um ein paar Meter im Totalstau zu gewinnen.

Überraschung bei der Ankunft im Oasis. Im Gegensatz zu unserer Abfahrt war reichlich Betrieb und verschiedenste Weltenbummler gaben sich ein Stelldichein. Ob Wanderer, passionierte Reiter, Jeepfahrer mit Wohnkabine und natürlich ein Vielzahl von Bikern unterschiedlichster Nationalität. Von der Tour, die wir in der kurzen Zeit gemacht hatten, waren alle begeistert und überschütteten uns mit Fragen über Straßen und Pistenverhältnissen. Die meisten kommen wohl, wie auch wir, mit falschen Vorstellungen von unbefestigten Pisten in die Mongolei.

Wir mussten dann aber abbrechen, denn 21:00 Uhr schließen hier die Duschen und danach machten wir uns wie die Raubtiere über eine große Packung Würste her – erste Mahlzeit nach dem Frühstück. Motto: jeder stopft so schnell und viel er kann in sich hinein.

Der Anblick der 3 Verletzten, die nach kurzem Geländeausflug mit ähnlichen aber schwereren Fußverletzungen wie ich zurückkamen und sich jetzt im Oasis pflegten, machte mir noch einmal deutlich, wie viel Glück ich eigentlich hatte.

Danach haben wir geschlafen wie die Ratten. Hendrik hat es nicht einmal aus den Klamotten geschafft sondern ist zeitgleich mit dem Setzen auf das Bett umgefallen und hat sofort lautstarke, zufriedene Schlafgeräusche von sich gegeben.


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