29.06.2010 - Altai 1

Sary-Chumysh - Bijsk - Gorno-Altaisk - Barangol - Schebalino - Neftebaza 456 km

Am nächsten Morgen scheint die Sonne sich wieder durch die Wolken zu kämpfen. Wir wollten die Zeit nutzen und fuhren nach einer "Schnellwäsche" am Fluss ohne Frühstück weiter Richtung Bijsk. Die Nebenstrecke ist zum größten Tei gut ausgebaut – wir kamen gut voran. Die Landschaft wurde wieder bergiger und bei vielen Kurven ist auch das Fahren nicht mehr so eintönig.

In einem Dorfcafe haben wir das Frühstück nachgeholt und in der Nähe auch gleich noch die leeren Tanks gefüllt. Tanken in Russland funktioniert ein klein wenig anders als bei uns. In der Regel sieht man an der Tankstelle keinerlei Personal. Um zapfen zu können muss man am schwer vergitterten Kassenhäuschen Geld durch den Schacht schieben und dem unsichtbaren Kassierer (oder Kassiererin) verständlich machen, von welche Säule man tanken will. Meist sind die Scheiben verspiegelt und oft läuft die Kommunikation über Wechselsprechanlage. Wird das durchgeschobene Geld für in Ordnung gehalten, kann man hoffen, dass in Kürze die Zapfpistole freigegeben wird Bei unserem "guten Russisch" kam es dann schon öfter mal zu Missverständnissen. Da wurde die falsche Säule geschaltet oder während des Tankens einfach abgestellt. Oft hatten die "Unsichtbaren" ein Problem damit, wenn wir den "Rüssel" einfach von einem Motorrad ins nächste steckten. So geht das nicht – Hahn zu. Die dann über Lautsprechern erteilten, unverständlichen Anweisungen wurden mit jeder Wiederholung etwas lauter, als ob unser Russisch dadurch besser wird. Dadurch lernte man dann doch noch die entnervten Leute hinter dem Spiegel kennen – ab und zu eine angenehme, weil hübsche Überraschung. War dann alles geklärt, wieder zurück zum Kassenhäuschen und das Wechselgeld kassiert. Alles zusammen etwas zeitaufwendiger als wir das zu Hause kennen.

Bijsk ist eine typische russische Industriegroßstadt, vorwiegend in Plattenbauarchitektur und natürlich mit Lenindenkmal. Da wir endliche das Altai erreichen wollten, haben wir uns nur Zeit zum Geldtauschen genommen und haben die Stadt recht schnell durchquert.

Auf der gut asphaltierten Hauptstrasse Richtung Altai herrschte reges Marktreiben. Überall entlang der Straße standen Menschen hinter provisorischen Ständen und versuchen irgendetwas zu verkaufen. Auf Parkplätzen und bei Rasstätten sind oft große Märkte wo man scheinbar alles bekommt. An einem der Straßenstände haben wir 4 Südkoreaner getroffen auf dem Weg von Narvik in Norwegen nach Hause. Außer ihren BMW-Motorrädern schien auch fast die gesamte Ausrüstung von BMW zu sein. Ich wette selbst ihre Unterwäsche zierte das weiß-blaue Logo.

Nach kurzem Aufenthalt fahren wir aber schnell weiter, denn über dem Gebirge drohen dunkle Wolken. Am Fuß des Altai brach das Unwetter dann auch unvermittelt über uns herein. Zum Glück war eine Tankstelle in unmittelbarer Nähe. Ich glaube, da hätten auch unsere ansonsten sehr guten Motorradanzüge nichts mehr entgegenzusetzen gehabt. So einen Gewitterhagelsturm habe ich noch nicht erlebt. Binnen weniger Minuten stand das zuvor trockene Tankstellengelände unter Wasser und war alles von Hagelkörnern bedeckt. Außer uns flüchteten sich auch viele Autos unter das Dach der Tankstelle, welches vor den Sturmböen nur wenig Schutz bot. Nach vielleicht 20 min war der ganze Spuk vorüber. Wir warteten noch ab bis die Autos die Hagelkörner von der Straße gefegt hatten, dann fuhren wir weiter ins Gebirge bei immer wieder auftretenden Regenschauern.

In Barangol, einem vom Tourismus geprägten Ort, am Eingang zum Altai, legten wir an einem größeren Touristencamp eine Pause ein. Wir hatten uns heute alle auf eine gemütliche Übernachtung mit Bar und Banja gefreut und hier schien ein guter Platz zu sein. Torsten und Hendrik wären wohl auch gern hier geblieben, wenn ich nicht bei gerade wieder mal sonnigem Wetter hätte weiterfahren wollen. Da kommen bestimmt noch mehr Gelegenheiten und außerdem war es ja auch erst früher Nachmittag. Leider hielt das sonnige Wetter nicht lange an und die touristische Erschließung lies im Gebirge auch schnell nach. Auf einer Passhöhe, die Temperatur war inzwischen auf unter 5° gefallen, fanden wir u.a. ein kleines Hotel indem uns in einem sehr kleinen bereits belegten 4-Bettzimmer die noch 3 freien Betten angeboten wurden – bei unserem Geschnarche, unzumutbar.

Nach weiterer ergebnisloser Suche kauften wir in einem Straßenkaffee ein und suchten uns am Fluss einen Platz für unsere Zelte. Auf dem Weg dorthin legte ich mein Motorrad erst mal in den Schlamm – wurde auch Zeit, war schon lange nichts mehr passiert Das schöne Flussufer wird von vielen Touristen als wilder Campingplatz genutzt und auch in unsere Nähe stand ein Zelt. Ruslan und Valentina, 65, unterwegs mit winzigen Stadtrollern und fast so bepackt wie wir. Sie waren schon einige Tage unterwegs und wollten ins Gebirge abseits der Hauptstrasse. Wir konnten es nicht glauben.

Leider hatten wir nicht viel Zeit mehr zu erfahren, da sich bereits wieder starker Regen ankündigte. Gerade noch rechtzeitig die Zelte aufgebaut, haben wir uns was zu Essen gekocht, ein paar Bier getrunken und wehmütig an die verpasste Banja gedacht.


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30.06.10