02.07.2010 - endlose Ebene

Beloborodovo - Kalatschinsk - Omsk - Moskalenki - Dorf Barrikada über 706 km

Endlose, gerade Straßen über weite Ebenen, so eben, dass ich meine, am Horizont die Krümmung der Erde erkennen zu können. Das habe ich bisher nur auf dem Meer gesehen. Ansonsten nur Birkenwälder, immer wieder unterbrochen durch Wiesen und Felder. Es war sonnig und zum Glück nicht so heiß, so dass ich wider Erwarten keine größeren Probleme mit Müdigkeit hatte. Die Straßen sind gut asphaltiert mit wenig Verkehr und Miliz.

An einer Raststätte irgendwo zwischen Novosibirsk und Omsk trafen wir Erik aus Oregon, geschätzt Anfang 60, und seinen jüngeren Begleiter aus Argentinien auf 500er Kawa Einzylindern. Sie kamen aus Wladiwostok und wollten in 6 Wochen nach Madrid fahren Gestartet waren sie wie wir am 11.6. und wie uns Erik erzählte dort noch zu fünft. Mit seinem letzten verbliebenen Begleiter schien eine zügige Weiterfahrt aber auch nicht so einfach zu sein, denn dieser hat in Wladiwostok ein russisches Mädchen kennengelernt, die ihm nach Novosibirsk nachgeflogen war und jetzt, notdürftig ausgerüstet, auf seinem Motorrad mitfuhr. Man merkte deutlich, dass seine Aufmerksamkeit in erster Linie von seiner neuen Liebe in Anspruch genommen wurde.

Omsk umfuhren wir auf einer neuen Umgehungsstraße im Süden und überquerten den Irtysch. Wir hatte es eilig. Eingeladen von einer russischen Familie (Bekannte von Hendrik) in einem Dorf nicht weit von der kasachischen Grenze, hatten wir uns gegen 18 Uhr dort angekündigt. Mit einer Stunde Verspätung trafen wir uns am vereinbarten Treffpunkt an der Hauptstrasse mit Vladimir. Die ganze Familie hatte unseren Weg im Internet verfolgt, wo unsere aktuelle Position durch den GPS-Tracker alle 10 min aktualisiert wurde, so dass er rechtzeitig losfahren konnte. Nach halbstündiger Fahrt über wild angelegt Wege und schlecht gepflegte Strassen erreichten wir das Dorf Barrikada, wo unsere Gastgeber in einem hier typischen, einstöckigem Haus mit kleinem Hof wohnen. Galina, Vladimir und Tochter Lena begrüßten uns so herzlich, als würden wir zur Familie gehören. Hund Scharik, der uns wohl lieber ordentlich verbellt oder auch gerne mal in eine Bikerwade gebissen hätte, wurde in seine Hütte verwiesen, aus der er uns mit traurigem Blick aufmerksam beobachtete – man kann ja nie wissen was Herrchen da angeschleppt brachte!

So wie wir aussahen, passten wir nicht so richtig in die saubere Umgebung und Galina erkannt sofort, was wir am nötigsten hatten – eine Banja. Dass uns auch noch frische Kleidung angeboten wurde, lies ahnen, dass wir nicht nur schlimm aussahen sondern wohl auch so rochen. Während wir uns sauber schrubbten und frische Kleidung aus unseren Packsäcken wühlten, bereitete Galina in der Sommerküche neben der Banja ein umfangreiches Mal. Besonders lecker, die russischen Pelmeni. Ich stopfte sie in mich rein bis ich nicht mehr konnte. Natürlich gab es auch ein oder zwei gute Gläser Wodka.

Da Galina uns anbot, am nächsten Tag unsere schmutzige Kleidung zu waschen, vermuteten wir, dass unsere Gastgeber einen längeren Aufenthalt von uns geplant hatten. Wie wir später erfuhren, war für den Abend des nächsten Tages sogar eine Grillfeier mit Nachbarn geplant. Gerne wären wir noch geblieben, aber wir hatten noch über 5000 km vor uns und das in einer Woche. Hätten wir das geahnt, wäre unsere Zeitplanung anders gewesen.

Nach dem Essen haben wir im Haupthaus noch den Rest des WM-Spiels Niederland – Brasilien gesehen und dabei sehr guten Tee mit leckeren Pralinen genossen. Zum Tee gab es leckere, frische Milch, durch Lena frisch von der hauseigenen Kuh "gezapft". Mit Hilfe von Lena habe ich es dann endlich noch geschafft, per email die ersten Fragmente unseres Reiseberichtes nach Hause zu schicken.

Vladimir erzählte, dass der letzte Winter extrem kalt war. Mehrere Monate herrschten hier um die -40°. Nicht zuletzt darum haben sie wohl gerade 2 neue Fenster mit Dreifachverglasung eingebaut.

Es war wieder spät geworden. Auf dem Schlafsofa im Wohnzimmer habe ich geschlafen wie tot – hier konnte auch nicht die Luft entweichen wie aus meiner kaputten Luftmatratze.

zurück zur Übersicht