14.06.2010 - Ogi Nuur

Kharkhorin - See Ogi Nuur - Ogiinuur - Tsetserleg - Tayhar 248 km

Da Hendrik noch friedlich vor sich hin röchelte, traute sich Bretl nicht auf zustehen. Erst als das laute Reisverschlussgeräusch von mir zu hören war, stand er schnell auf um seinem guten Ruf als "Frühstücksbereiter" gerecht zu werden. Hendrik, von all dem völlig unbeeindruckt, begleitete mit seinem legendären Schlafgeräusch das leise Brummeln des Kochers.


Das Wetter hat sich verschlechtert. Es ist stark bewölkt und kühl, aber es regnet nicht. Start gegen 10:00 Uhr - Fahrt zum Kloster Erdene Zuu. Sehr nett war die junge, hübsche Klosterführerin, die sich in der landestypischen beharrlichen Art uns aufdrängte. Ihr gutes Englisch ging weit über unseren begrenzten Wortschatz hinaus. Wir denken aber, dass wir den wesentlichen Inhalt von Errichtungsdaten, Schutzgöttern und verschiedensten Buddhas verstanden haben.

Weitern Angeboten wie Fotos mit Dshingis Khan oder bedauerlichen, angeketteten Jagdadlern lehnten wir höflich ab.

Die Straßenverhältnisse waren völlig anders als erwartet. Wo wir Wege vom Hörensagen vermuteten, befanden sich neue, in keiner Karte verzeichneten Asphaltpisten und dort wo die grobe Mongoleikarte Hauptstraßen vermuten lies, befanden sich abenteuerliche Pisten, Feldwegen gleich, die jeden Bauer in Deutschland dazu nötigen würden seine Ackerzufahrt wieder einmal zu begradigen, da sonst sein teures Gerät im Schlamm versinken würde. Ich musste wieder feststellen, dass es wirklich seinen Grund hat, wenn neben einem kleinen Wasserloch eine neue Fahrspur im Entstehen ist. Keinesfalls versuchen durchzufahren – wo nach unten der Anschlag ist weis nur Buddha.

Alle Anstrengungen wurden belohnt als nach kurzem Regenschauer der Himmel aufriss und sich danach auf einem Höhenzug ein überwältigender Blick auf den See Ogi Nur bot.

Um bei einer Pause einen Kaffee zu trinken und evtl. etwas zu essen besuchten wir ein Ger-Camp am See. Hier zeigten sich wieder unsere mangelnden Sprachkenntnisse. Wir wissen immer noch nicht, ob unsere Frage nach Essen nicht verstanden wurde, oder nicht erfüllbar war, da auf Grund der geringen Belegung (8 freie Gers von 8 vorhandenen) die Küche scheinbar nicht in Betrieb war. Mitarbeiter waren genug vorhanden. Kaffee und Wasser haben wir in ausreichender Menge erhalten. Wenn man bedenkt, dass wir für eine Tasse Instantkaffe mindesten die dreifach Menge an Pulver bei starkem Wind auf der Terrasse in die Umgebung blasen ließen und wir trotzdem nur 4 Tassen bezahlen mussten, war der Aufenthalt ein Schnäppchen. Der Wind war inzwischen so stark geworden, dass er immerhin in der Lage war, mehrere Sturzhelme quer über den Tisch zu verschieben.

Bei anhaltend schönem Wetter setzten wir unsere Fahrt um den See und anschließend Richtung Siedlung Ogi Nur und von da aus Richtung Tsetserleg fort.

Bretls Navi hat sich dabei mit den neuen Karten als gut erwiesen.

Erschreckend waren die vielen Viehkadaver am Wegesrand, die durch den besonders harten Winter zu erklären sind (nach Auskunft bis zu 50° -), welcher wieder vielen der frei lebenden Nomaden Ihre Existenz gekostet hat, die sich dann gezwungen sehen in der Nähe von größeren Orten anzusiedeln, wo sich Ihre Lebenslage wohl aber auch nicht verbessert, was sich offensichtlich auch in einem großen Alkoholproblem äußert – nichts ist so billig wie Schnaps.

Auf den anspruchsvollen Pisten fühlte ich mich zunehmend sicherer, was dazu führte, die Geschwindigkeit von Bretl mitzuhalten. Schnell wurde ich belehrt, dass man nicht durch ein Geländefahrtraining und 1 Tag Feldwegpisten fahren zum Ralleypiloten wird. Der Sturz an einer Steigung mit lockerem Sand war eindeutig auf zu hohe Geschwindigkeit zurückzuführen, da diese Passage mit niedrigerem Gang später einfach zu meistern war. Zum Glück gab es kein Beweisfoto – bis auf das Foto vom Abend, wo ich meinen dicken Knöchel im Fluss kühle. Das schmerzende Knie ist darauf nicht zu sehen.  Dass ich trotzdem lache liegt wohl daran, dass ich im ersten Moment dachte, mir den Fuß gebrochen zu haben. Ist mir eine deutliche Warnung. Schlussfolgerung: Bretl mit seinem "Buzel" lange Staubfahnen in die Gegend zeichnen lassen und so fahren, dass das hoffentlich nicht noch mal passiert. Außerdem hat er dann genügend Zeit seine vielen Fotos zu schießen und uns in missligen Lagen abzulichten.

Nach der Sandpassage oben angekommen beschlossen wir das längst überfällige Mittagsmahl (16:00) zu bereiten. Dabei wieder die Erfahrung, dass es wesentliche mehr Mongolen geben muss als die Statistiken behaupten. Innerhalb weniger Minuten schien sich einsames Steppengras in 3 Pferde und 2 junge Mongolen verwandelt zu haben. Diese begutachteten alle unseren, für sie begehrlichen Besitztümer. Besonders interessant der Einfallsreichtum der Jungs Situationen herbeizuführen um Ihren Besitzanspruch darauf zu begründen. Ihre Wünsche waren aber doch recht bescheiden, da sie die Motorräder nicht beanspruchten.

Endlich Tsetserleg erreicht. Es ist schon recht spät – 19:30 Uhr. Tanken, Wasser, Bier einkaufen und uns der neugierigen und freundlichen Einheimischen erwären. Danach das übliche Suchen nach der richtigen Ausfallstraße – jetzt Richtung Terkhiin Tsagaan Nuur.

Auf der besonders holprigen und staubigen Piste war es für die Insassen eines landestypischen Sammeltaxis ein Heidenspaß bei gegenseitigen Überholmanövern uns zum einen ihre Bewunderung auszudrücken und zum anderen vor Vergnügen zu johlen uns beim Überholen in eine beeindruckende Staubfahne zu hüllen.

Nach einer kurzen Erholung auf Asphaltstraße fand Bretl knapp vor Sonnenuntergang wieder einen perfekten Übernachtungsplatz an einem kalten Fluss. Diesmal gelang es Ihm sogar für die Nacht einen treuen Wachhund zu engagieren.

Auf Grund der geringen Zeit bis zum Dunkelwerden entschlossen wir uns erneut die Nahrung eines hier nicht genannten Herstellers zuzubereiten (es sei denn, er erklärt sich bereit, einen Teil der hohen Anschaffungskosten zu übernehmen – Werbevideo mit Zubereitungsanleitung in mongolischer Steppe stellen wir).