03.07.2010 - Richtung Ural

Barrikada - Salzsee bei Ksenevka - Solntsevka - Nasywajewsk - Krutinka - Kurgan - See beim Dorf Chineevo 736 km

Am nächsten Morgen hatten unsere Gastgeber bereits ein reichhaltiges Frühstück vorbereitet. Ihr Angebot, uns zum großen Salzsee in der Nähe zu begleiten und danach noch zur Hauptstraße zu bringen nahmen wir gerne an.

Vor unserer Abfahrt kamen noch ein paar Nachbarn vorbei, die sich für unsere Tour und die Motorräder interessierten. Einer von ihnen, ich habe mir leider seinen Namen nicht gemerkt, sprach sehr gut deutsch. Wie er erzählte, hatte er 10 Jahr in München gearbeitet. Hier, in seiner Heimat, gebe es leider viel zu wenig Arbeit, da es praktisch nur Landwirtschaft gibt. In den letzten Jahren sei alles durch die extremen Klimaschwankungen noch viel schlimmer geworden. Das ganze Jahr sehr trocken, im Sommer heiß und im Winter extrem kalt. Letzen Winter waren 4 Monate bis zu -43°. Der Boden war 3m tief gefroren. Bis in die 90er Jahre war hier alles in Ordnung – Wasserleitungen, Straßen usw. Aber durch das fehlende Geld ist vieles inzwischen kaputt.

Endlich hatten wir mal einen guten Dolmetscher und ohne dass wir es merkten verging die Zeit beim Erzählen. Gegen Mittag brachen wir dann endlich auf. Vladimir und Galina mit ihrem vorn weg und wir in der Staubfahne hinterher über Straßen, Wege, Pisten – wir hätten das nie gefunden. Mitten in der Steppe ein großer See. Am vielen Salz überall konnte man schon erkennen, dass der Salzgehalt wohl sehr hoch ist. Lena hatte mir erzählt, dass hierher viele Leute kommen, manche von weit her, da der Schlamm eine heilende Wirkung besitzt. Sie meinte, man müsste ein Sanatorium bauen, aber dafür gebe es kein Geld.

Da wir nicht viel Zeit hatten, wir wollten heute noch eine große Strecke schaffen, hielten wir uns nicht lange auf. Bis zur Hauptstraße waren es ca. 40 km durch die Steppe vorbei an großen Feldern und einigen Tierherden. Auf der Hauptstrasse Richtung Kurgan angekommen, verabschiedeten wir uns herzlich von unseren Gastgebern.

Die Hauptstrasse, laut Karte erster Ordnung, ging nach 15 km gutem Zustand in eine geländeähnliche Piste über – ¾ Schlaglöcher ¼ Asphalt, oder noch schlimmer. Nach ca. 40 km lässt plötzlich guter Asphalt Hoffnung aufkeimen. In Simonowa, wir hatten uns gerade verfahren (nur noch nicht bemerkt), sahen wir einen Motorradfahrer aufgeregt winkend am Straßenrand – Erik, kaum zu glauben. Er war sichtlich froh uns zu sehen. Er versuchte gerade von Passanten den richtigen Weg zu erfahren. Die Karte, die er dazu verwendete, hatte den Informationsgehalt einer Skizze von Sibirien – ein paar Großstädte, Hauptstrassen, die größten Flüsse und Gebirge. Die Gegend, wo wir uns befanden, ein großer grauer Fleck. Eine andere Karte hatte er nicht Dass Erik kein GPS dabeihatte, brauche ich eigentlich nicht zu erwähnen. Die Russen waren sehr freundlich und hätten gerne geholfen, aber ich glaube, sie verstanden nicht mal wo er hin wollte. Eine Frau hatte uns dann erklärt, dass wir ca. 2 km zurück müssen. Dort hatten wir wohl eine Abzweigung übersehen. Aber erst mal die neusten Informationen. Erik war inzwischen allein. Seinem argentinischen Begleiter war das junge russische Mädchen im Moment wichtiger. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Freunde mich mitten in Sibirien einfach allein ließen, kann ich nur staunen, dass Erik über seinen Freund nur Gutes erzählte. Um nicht alleine weiterzufahren schloss er sich uns an. Auf Grund der sehr unterschiedlichen Motorräder war ich skeptisch, denn um die heute geplanten 700 km zu schaffen mussten wir schnell fahren und wollten nur wenige Tankstops einlegen.

Wenige km weiter, war die Hoffung auf eine bessere Straße schnell verflogen. Die Hauptstraße ging in den Zustand der völligen Zerstörung über. Reste von Asphalt waren noch zu erkennen. Ich fuhr fast nur im Stehen und wohl viel zu schnell, denn Torsten fragte mich später, ob ich meine Maschine zerstören wolle. Ich muss sagen, ich bewunderte Erik wie er das Tempo die ganze Strecke mitging. Nach über 110 km erreichten wir die direkte Verbindungsstraße von Omsk nach Jekaterinenburg und damit endlich wieder ordentlichen Asphalt. Für Eriks Maschine fuhren wir dann doch zu schnell, so dass er sich beim nächsten Tankstop herzlich von uns verabschiedete, da er jetzt wieder auf dem richtigen Weg sei.

Der Rest des Tages bestand nur noch aus endlosem Fahren über endlose gerade Straßen auf endlosen Ebenen bei steigenden Temperaturen bis 30°. Ich war schon fast froh, dass die Strecke immer wieder durch lange Baustellen und schlechte Straßenabschnitte mit extremen Spurrillen unterbrochen wurde, so dass unsere volle Konzentration gefordert war. Ich wäre sonst eingeschlafen.

Nach der Ortsumgehung von Kurgan, kurz vor Sonnenuntergang, suchten wir uns auf einer Nebenstraße, in der Nähe eines Dorfes einen Rastplatz am See und gingen nach Abendbrot und ein paar Bier bald schlafen.