15.06.2010 - Gebirge

Tayhar - See Terkhiin Tsagaan Nuur - irgendwo im Nirgendwo 226 km
 
Trotz Schmerzen gut geschlafen. Um festzustellen in wie weit ich das heute durchstehe, bin ich vor den anderen aufgestanden, um ein paar Gehversuche zu machen. Erstes Ergebnis – niederschmetternd. Größtes Problem ist das Knie, welches ich nur unter großen Schmerzen bewegen kann. Die zu erwartenden Probleme bei der heutigen Fahrt sind dabei erst mal nebensächlich, da mich ein akut drängendes Bedürfnis, bei dem die Knie stark gebeugt werden, schon vor große Probleme stellt. Einzig aufmunternd dabei war der Umstand, dass Hendrik und Bretl sich später dasselbe Versteck aussuchten. – Männer funktionieren alle gleich.

Unser Wachhund hat sich in der Nacht prima bewährt und hat alle Feinde in die Flucht geschlagen, konnte aber nicht verhindern, dass der Müllsack trotzdem in Fetzen ging. Zur Belohnung für seine treuen Dienste bekam er von uns ein Abschiedsmahl. Bei unserer Abfahrt schaute er so traurig, ich hätte ihn am Liebsten mitgenommen.

Für diesen Tag war eine kurze Tour von ca. 150 km geplant - bis zum frühen Nachmittag. Die mongolischen Pistenverhältnisse schmissen das aber über den Haufen, so dass wir erst gegen 18 Uhr unseren neuen Rastplatz bezogen. Durch die Suche nach einem besonders schönen Platz wurden es dann 226 km. Bretl scheute dabei wieder keine Mühe. Halsbrecherische Gebirgshangfahrten nahm er dazu genauso auf sich wie Flussdurchfahrten durch Schwemmsandfurten. Da die Durchfahrt mit seinem Motorrad noch gewisse Schönheitsmängel aufwies, durfte es dass gleich noch mit unseren Mopeds üben. 

Heute haben wir einmal die Mongolen von vielen ihrer Seiten kennengelernt. Von sehr hilfsbereiten, z.B. beim Aufheben meines Motorrads, sturzbetrunkenen und penetrant aufdringlichen über freundliche, neugierige, bis hin zu sehr zurückhaltenden Menschen. Betrunkenen Mongolen sollte man lieber aus dem Weg gehen, da sie oft aggressiv sind. Das Erlebnis, dass der eine betrunkene Mongole nach Sturz aus dem Auto es erneut bestieg und mit seinem ebenso betrunkenen Freund rasant davonfuhr, lies mich nicht gerade sicherer fühlen auf den mongolischen Pisten. Das viele beim Umgang mit uns völlig unbefangen sind, alles anfassen, was sie interessiert, daran haben wir uns schnell gewöhnt. Gestohlen wurde nie etwas. Trotzdem zogen wir es vor, unsere Übernachtungsplätze abseits von Siedlungen zu suchen. Wir würden sonst wohl nicht zum Schlafen kommen.

Am Lagerplatz besuchten uns nacheinander 1 Hirte, der sehr freundlich und bescheiden auftrat und ein Mongole mit Tochter auf dem Motorrad, der seinen Holzsammelplatz heute genau bei unserm Lager wählte. Der Abtransport des Holzes (inkl. des von Hendrik mühsam gesammelten) ist sehenswert. Er lies uns dann doch noch welches zurück, nachdem wir ihm verständlich gemacht hatten, dass wir ein Lagerfeuer machen wollen und das ganz ohne Holz nicht möglich ist. Unsere Spagetti Carbonara haben ihm nicht gemundet, dafür verputzte er die restliche halbe Dose Cornedbeef komplett inklusive meiner noch halb vollen Dose Bier zum runterspülen.

Die heutige Tour war recht anspruchsvoll, hat aber bis auf die Waschbrettpisten viel Spaß gemacht. Auch die Landschaft hatte einiges zu bieten – eine schöne Schlucht, Seen und zum Schluss malerisch Gebirgslandschaft. 

Auf Grund meiner Erfahrungen vom Vortag war ich wieder dazu übergegangen mehr im Stehen zu fahren. Hendrik hat sich dem angeschlossen. Dabei kehrte das Selbstvertrauen langsam wieder zurück. Unbewusst hochschaltend in den 4. und sogar einmal in den 5. Gang mahnte mich der pochende Schmerz in Fuß und Knie zur Vorsicht und meine Fähigkeiten nicht zu überschätzen.

Der Lagerplatz bietet diesmal einen klaren kalten Gebirgsbach. Mal sehen ob ich mich morgen dazu überwinden kann darin zu baden.

Der Sternenhimmel ist wieder herrlich.